von Sansibear
Es war irgendwann Mitte 2020 als ich mit Henning Schmid aka Sansibear telefoniert habe und er mir von einem neuen Modell erzählte, dass er gemeinsam mit Benjamin Rodax und Philip Kolb entwickelt.
Das Modell sollte speziell für Slopestyle entworfen werden. Was genau ist aber Slopestyle?
Slopestyle bedeutet Hangflug mit maximalem Spaß. Ein Slopestyle Modell muß in jedem Gelände vor und hinter der Kante ausgewogene Flugeigenschaften zeigen. Die Profile sind wie auch bei F3f und F3b auf Geschwindigkeit und Beschleunigung ausgelegt und zeigen trotz leichtem Gewicht guten Durchzug der bei Flugakrobatik in Bodennähe notwendig ist. Gleichzeitig sollen die Langsamflugeigenschaften gutmütig sein und Slopestyle Modelle sollten auch auf kleinstem Raum gelandet werden können. Hört sich nach der fliegenden „Eierlegendenwollmilchsau“ an. Das Team Rodax/Kolb hat bekanntlich schon viele Piloten mit ihren Auslegungen begeistern können. Zu der Zeit war allerdings noch nicht sehr viel bekannt zu dem neuen Modell, außer die Spannweite von zwei Metern und das es ein Kreuzleitwerk bekommen sollte. Irgendwie überzeugte mich Henning und ich bestellte das dazumal unbekannte Modell. Nun sollten wir alle auf die Geduldsprobe gestellt werden. Durch eine bekannte Pandemie und dem Ukrainekrieg begann sich alles sehr zu verzögern.
Im Juni 2023 war es endlich soweit. Ich bekam einen Karton mit einem fliegenden Bären darauf geliefert. Darin, gut verpackt, lag mein MIKA. Wie bei allen Sansibear Modellen ist das Design sehr auffällig und fast schon einzigartig. Gebaut wird der Mika in einer Solid-Core Bauweise. In der Regular Variante, die ich bestellte, bestehen die Tragflächen und Leitwerke aus gefrästen XPS Schaumkernen die in Aluminiumformen mit Carbongelegen verpresst werden. So entstehen sehr leichte aber dennoch feste Bauteile. Der Rumpf besteht aus Carbon und Glas im vorderen Bereich um den Empfang nicht zu stören. Dieser wird in der Form aufgeblasen und ist somit sehr steif und leicht. Die beiden auffälligsten Merkmale des Modells sind die relativ kurze Aufstecknase und das vorgelegte Höhenleitwerk. Dieses soll die Aerodynamik des Modells für den Slopestyle verbessern. Nach dem ersten begutachten wurde das Modell zusammengesteckt und im Gesamten betrachtet. Alle Teile sind sehr passgenau und das Modell ist optisch sehr gefällig.Es wurde umgehend mit dem Bau begonnen. Henning Schmid hat mir für die Flächen ChaServos HV85H und für den Rumpf KST X12-508 empfohlen, da alle Servoausschnitte an diese Servos angepasst wurden. Positiv war der Umstand, dass der Kabelbaum mit MPX Steckern werkseitig in den Flächen fix und fertig eingebaut wurde. Im Rumpf sollte das aber noch zu einem kleinen Problem werden. Ergänzt wird der Lieferumfang durch einen kleinen Zubehörbeutel mit den notwendigen Ruderhörnern und einem perfekt passendem Servobrett. Begonnen wurde mit dem Flächenausbau. Dieser beschränkt sich im Wesentlichen auf den Servoeinbau. Die Servoschächte passen perfekt für die ChaServos mit Rahmen. Auch die Deckel sind schon passend vorbereitet. So musste ich nur die Durchbrüche für die Gestänge machen. Mit einem Dremel und einer ruhigen Hand ist das kein Problem. Es ist aber immer wieder eine Überwindung an einer neuen Fläche den Fräser anzusetzen. Die Überkreuz-Anlenkung der Wölbklappen und Querruder wurde aus Fahrradspeichen erstellt. So erhielt ich steife und spielfreie Anlenkungen. Der erfahrene Modellflieger wird schnell erkennen, dass es an der Fläche keine Dichtlippen gibt. Dies ist der Solid Core Bauweise geschuldet. Ich kann aber schon an dieser Stelle sagen, dass der Mika trotzdem sehr leise unterwegs ist. Auch bei hohen Geschwindigkeiten. Ob nachträglich aufgeklebte Ruderspaltabdeckbänder eine Leistungssteigerung bringen kann ich nicht sagen.
Somit war der Flächenbau abgeschlossen und der Rumpfausbau war an der Reihe. Das Seitenleitwerk und Höhenleitwerk werden beide mittels Metallschrauben am Rumpf aufgeschraubt und wären grundsätzlich abnehmbar. Die beiden Bowdenzüge für die Anlenkungen liegen lose bei und müssen noch im Rumpf verleget werden. Für die Seitenruderanlenkung muss ein kleiner Schlitz in den Rumpf gefräst werden. Der Durchbruch für das Höhenruder ist bereits in dem kleinen Pylon gemacht. Nun galt es die Bowdenzüge im Rumpf zu fixieren. Ich entschied mich dazu, dass mit zwei Schaumstoffwürfel die mit Harz getränkt werden, zu machen. Um diese aber in den Rumpf einzuführen mußte ich die MPX Stecker im Rumpf wieder entfernen. Dies ging zum Glück sehr leicht da diese nur mit Sekundenkleber angeheftet waren. Nun konnte ich das beiliegende Servobrett im Rumpf einharzen und die Servos einbauen. Als Empfänger kommt ein Jeti REX7 zum Einsatz. Diesen musste ich aus seinem Gehäuse entfernen damit dieser und ein 2S LiIon Akku Platz haben. Somit war der Aufbau des Modells abgeschlossen und ich konnte es auswiegen. Zu meiner Überraschung war noch einiges an Blei notwendig um den angegebenen Schwerpunkt von 79mm zu erreichen. So wurde die Gewindehülse für den Flitschenhaken im Nasenblei eingeklebt. Das finale Abfluggewicht ohne Ballast liegt nun bei 1214g. Ballast kann der Mika in den Flächen schwerpunktneutral aufnehmen. Mit den entsprechenden Messingstücken kann bis auf knapp 2000g ballastiert werden. Zukünftig wird Sansibear auch einen Stahlverbinder anbieten. Mittlerweile gab es schon einige tolle Videos vom Mika auf Youtube. Dadurch motiviert wollte ich meinen Mika so schnell wie möglich in die Luft bringen. Kurz vor meinem zweiten alpinen Hangflugwochenende konnte ich den Erstflug mit dem Mika machen. Die Bedingungen waren nicht sehr Erstflugfreundlich. Am Hang blies mir der Wind mit 30km/h entgegen. Also habe ich den gesamten Ballast in den kleinen Slopestyler geladen. Unbeeindruckt von den Bedingungen flog der Mika die ersten Meter von der Hangkante weg. Die ersten Steuerbefehle wurden direkt angenommen und ich konnte das Modell schnell auf eine Sicherheitshöhe bringen. Direkt hatte ich mich an das neue Modell gewöhnt und die ersten Figuren, noch in Sicherheitshöhe, konnten geflogen werden. Die Angaben zu Schwerpunkt und zu den Ruderausschlägen können ohne Bedenken zum Erstflug übernommen werden. Einzig den Seitenruderausschlag habe ich später vergrößert. Beeindruckend war, wie gut der 2m Mika in den F3f Wenden die Energie mitnimmt und aus der Wende beschleunigt. Auch der Durchzug des Modells ist überzeugend. Ist genügend Druck an der Hangkante und man hat die Speedstellung aktiviert kann man gefühlt endlos Spaß im Slopestyle haben. Wie schon am Anfang geschrieben, gehört zu den Eigenschaften eines Slopestyle Modells auch das einfache Landen am Hang. Nach ein paar Anpassungen bei der Tiefenruderbeimischung in der Butterfly-Stellung kommt der Mika nun ruhig und gleichmäßig zu Landung an. Nach so vielen positiven Eindrücken nahm ich den Mika auch in die Berge zum alpinen Hangflug mit. Gestartet wurde dort mittels Flitsche. Das alleine macht schon riesig Spaß, da auch so brauchbare Höhen erreicht werden können um auch ohne Thermik ein wenig Spaß zu haben. Wird die Thermikstellung aktiviert, nimmt der Mika deutlich erkennbar die Geschwindigkeit zurück und zeigt auch schon kleine Thermikablösungen an. Hat man eine Ablösung gefunden kann diese sehr eng ausgekurbelt werden ohne Abrisstendenzen zu zeigen. Das einzige Problem beim Thermikflug ist die Größe des Mika. Seine zwei Meter Spannweite werden leider sehr schnell klein. Der Durchzug des unballastierten Modells ist zwar geringer, aber trotzdem Spaß bringend. An diesem Wochenende konnte ich den Mika wirklich ausgiebig in unterschiedlichen starken Bedingungen fliegen und es kam nie Langeweile auf.
Abschließend muß ich Henning Schmid alias Sansibear und den beiden Mitentwicklern zu diesem tollen Modell gratulieren. Ein so breitbandig ausgelegtes Modell hat man wirklich gerne in seinem Hangar. Meine einzigen Kritikpunkte sind die Bowdenzüge im Rumpf, welche man etwas mühsam fixieren muss und die Befestigung des Höhenleitwerks. Dieses kann zwar durch das Lösen von 2 Schrauben abgenommen werden, jedoch ist das Aushängen des Gabelkopfs sehr mühsam und das anschließende wieder einhängen fast nicht möglich, da dieser in den Rumpf rutscht. Wäre dieses Detail besser gelöst, hätte man ein tolles Modell mit sehr kompakten Packmaßen.